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Interview mit Frau Ursula Wagner, BSiO


Frau Ursula Wagner engagiert sich seit vielen Jahren beim BSiO. Im Interview spricht sie über ihr Engagement.

Frau Wagner, wie kamen Sie dazu, sich als Freiwillige im BSiO zu engagieren?
Der wichtigste Grund ist, dass ich meinen Mann während seiner eineinhalb jährigen Krankheit bis zum Tod begleiten durfte. Dabei konnte ich auf verschiedenen Ebenen viel lernen. Während dieser schweren Zeit durften ich und meine Familie auf die Hilfe lieber Menschen zählen, was uns viel Trost und Mut gab. So kam der Wunsch, diese mir damals erworbenen Fähigkeiten und Erfahrungen, an andere Menschen weiterzugeben.

Weitere Gründe für mein Engagement sind; eine sinnvolle Aufgabe in der Pensionierung zu haben. Das Interesse daran, Schwerkranken, Sterbenden und deren Angehörige in einer Extremsituation beistehen zu dürfen. Ich kann damit beitragen, dass das Sterben zu Hause ermöglicht werden kann. Dazu gibt es mir die Gelegenheit mich mit dem Thema Krankheit, Sterben und Tod auseinanderzusetzen.
 

Was sollte eine Freiwillige mitbringen um Sterbende begleiten zu können?
Sie sollte Ruhe, Gelassenheit und Humor mitbringen. Dazu sollte sie keine Berührungsängste haben was Krankheit, Zerfall und Tod angeht. Wichtig sind auch das zuhören und das aushalten können von belastenden Situationen sowie Diskretion und Verschwiegenheit. Ferner sind die Werte und Normen der Betroffenen und seiner Angehörigen zu respektieren.
 

Wie wird ein Einsatz organisiert?
Die Anfrage kommt meist von der Einsatzleitung des POB (Palliative-Onkologie-BSiO) Teams der Spitex Oberaargau AG, telefonisch oder per E-Mail. Auf diesem Weg erhalte ich von der Einsatzleiterin die notwendigen Informationen zum Beispiel wann, bei wem und wo (Daheim, im Spital oder Pflegeheim) der Einsatz zu leisten ist. Bei meiner Zusage erhalte ich vertiefte Informationen zur Situation des Betroffenen.

Bin ich dann im Einsatz z.B. zu Hause bei einem Palliativpatienten, erhalte ich genaue Instruktionen vom Betroffenen (wenn noch möglich), von seinen Angehörigen oder einer Pflegefachfrau der Spitex. Für mich ist bei Tag- und Nachteinsätzen jederzeit eine Pflegefachfrau erreichbar.
 

Wie verbringen Sie die Zeit mit den Kranken?
Die Situationen die mich erwarten sind vielfältig und immer wieder anders, so auch die Reaktionen der Menschen auf mich als Freiwillige. Es kann sein, dass ich auf sehr unruhige, ängstliche Personen treffe die viel Aufmerksamkeit fordern. Das Bedürfnis sich mitzuteilen ist unterschiedlich gross. Es gibt Sterbende die sich verbal nicht mehr mitteilen können. Hier ist es wichtig, einfach da zu sein, die Situation mit ihnen zusammen ruhig auszuhalten und Trost zu spenden. Bei Veränderungen, wie z.B. zunehmender Schmerzen, kann ich Hilfe anfordern.
 

Wie erleben sie die Menschen in der letzten Phase kurz vor dem Tod?
In den allermeisten Fällen von den zuständigen Fachpersonen sehr gut versorgt mit schmerzlindernden und beruhigenden Medikamenten, liebevoll umsorgt von Familienangehörigen und Pflegefachpersonen, vorbereitet auf den nahenden Tod und angstfrei. Einen Menschen begleiten zu dürfen beim Übergang vom Leben in den Tod ist für mich immer wieder ein Prozess, der mich mit Ehrfurcht und Dankbarkeit erfüllt.
 

Wie gehen Sie mit den belastenden Momenten um?
Die Begleitung eines schwerkranken Menschen berührt mich immer wieder. Jedes Mal bin ich aufs Neue beeindruckt vom Mut der Sterbenden und deren Angehörigen. Nach unzähligen Einsätzen habe ich viel Erfahrung sammeln können und erlebe selten, dass mich ein Einsatz noch psychisch belastet. Es kommt vor, dass mich ein Einsatz eher körperlich belasten kann, wenn eine Patientin viel Aufmerksamkeit oder auch pflegerische Unterstützung benötigt.

Sollten mich Erlebnisse trotzdem beschäftigen, habe ich die Möglichkeit diese in den regelmässigen Supervisionen, die vom BSiO angeboten werden, zu besprechen. Die Einsatzleitung und die Teamleitung des POB-Teams stehen auch immer zur Verfügung sollte ich das Bedürfnis haben, mich über Erlebtes auszutauschen.
 

Was ziehen Sie für sich selbst aus Ihrer freiwilligen Tätigkeit?
In den letzten sechs Jahren durfte ich viele beeindruckende Menschen begleiten. Dabei habe ich viel Dankbarkeit, Freude und Genugtuung erfahren. In Bezug auf Krankheit, Sterben und Tod konnte ich intensive und prägende Erfahrungen machen, die mich haben reifen und bewusster Leben lassen. Das Erlebte wird mir Schulung sein, sollte ich krank werden und sterben.